“Zuchtperlen” der europäischen Kammermusik
Liebermans Geigenspiel ist sensibel und virtuos, der Ton rund, aber auch kunstvoll ins Zwielichtige verwandelbar. Auch der Akkordeonspieler hat für das Instrument untypische Register, deren abgründige Töne wie aus einer anderen Welt kommen. Mit dem sehr zart beseiteten, melodisch spielenden Bassisten und dem allgemein gut ausgeprägten Improvisationsvermögen ist das Trio in der Lage, viele verschiedene Charaktere atmosphärisch zu schildern und wortlose Geschichten darzusteleen. Vor aleem die langsamen Einleitungen sind kammermusikalische Perlen aus langer europäischer Zucht mit intelligent aktivierten Sympathieschwingungen zwischen den Musikern. Das wegen seiner Überstrapazierung als jüdischer „Welthit“ eigentlisch ungenießbare „Hava Nagila“ feierte in der geistvollen Paraphrase des Trios eine Auferstehung in königlischer Verkleidung.
Ulrich Olshausen – “Frankfurter Allgemeine Zeitung”
(Frankfurt, September 2001)
Jascha Lieberman Trio im großen Saal der Kolarca-Stiftung. Ihr sollt erstarren.
…Im Konzert des mir bis jetzt unbekannten Jascha Lieberman Trio, das in der Kolarca-Stiftung stattfand, habe ich – seit der Zeit, als das erste Beatles-Album erschien – etwas erlebt, was der höchstmagischen und geheimnisvollsten Reise ähnelt. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass der psychodelische Trip Lennon-McCartney hier in die originelle Volksmusik gewechselt wurde, die von dem einzigartigen Klang der Musik von Jascha Lieberman durchdrungen wurde. Der Klang dieser Musik ist weder vulgär noch übertrieben alternativ; er passt genau. Passt? Hm, er passt wohl zu einem ethnographischen Paradies! Ihr sollt infolge dieser Feinheit erstarren! Sagen wir es genau so, wie es der Prophet Daniel beschreibt (VI, II, 9). Ihr habt gedacht, ihr wisst was Traurigkeit, irrsinnige Melancholie ist, welche mit ihrer Nagel hervorragende, in der Tatsache aber nur relative Zauber reizt. Nein, ihr habt nichts gewusst – das sage ich euch! Diese altmodischen Walzer mit ihren hartnäckigen Synkopen, Habanera und Tangos, die wir jahrelang gehört haben; die Geigen haben uns wie mit dem Stöhnen der Klarinette plötzlich getäuscht und uns aus der Bühne des Kolarca-Saales verzaubert. Jascha Lieberman Trio, zu dem drei polnische Musiker gehören, welche sehr gut in der klassischen Musik ausgebildet wurden und sich für authentische jüdische Klänge sowie auch für den Zeitgeist interessieren, lenkt eure Aufmerksamkeit auf sich, ohne sich diesem billigen und kitschigen Erleben der Volksmusik zu nähern, sondern ganz im Gegenteil – dank der vollkommensten Musik, die man sich nur vorstellen kann, und die dabei keines Hundertstel ihrer Mutterform beraubt wurde – in ihrer ganzen Weite von der Ausschweifung und Zügellosigkeit bis zur Feinheit. Dem Jascha Lieberman Trio gelingt es,
dass ihr infolge seiner seismographischen Kurven und seiner faszinierenden geographischen Poesie atemlos sein werdet – und all das mit höchster Mezzoforte-Intensität. Die Töne – aufgewachte Vögel aus allen mitteleuropäischen Hainen, der Rhythmus – Berühren der Zellophan-Blumen mit dem Samt der Katzen. So wie Diamanten der Lucinde bezaubern, so bezaubert es das Publikum. Das ist die Musik, die ihr endlos hören würdet.
…Sie ist überhaupt nicht nachahmbar!
Zorica Kojić – “Danas”
(Belgrad, Februar 2001)
Es bedarf großer Fähigkeiten, der Intuition, des Geschmacks, um dieser Kunst in Vertretung der großen Meister eine echte künstlerische Dimension zu verleihen, damit sie das herz eines jeden erreicht und dabei ihre Besonderheit nicht verliert und nicht nur zur Sensation der Saison wird. Die Musiker aus dem Jascha Lieberman Trio haben alles getan, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Wir bewundern ihre vom Handwerk her grandiose und präzise Darbietung, genießen die Kompetenz des Arrangements, jedoch unsere Begeisterung wird insbesondere durch das Eindringen in den Stil dieser Musik, die volle Teilnahme an ihm, also die Authentizität und Natürlichkeit ausgelöst. Ihre Musik lebt das am meisten wahre Leben….
Maciej Negrey
Komponist, Musikologe